Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Verfahren Az. VII ZR 224/12 am 21. März 2013 entschieden, dass die gegenüber einem nebenberuflichen Handelsvertreter verwendeten
Formularbestimmungen, wonach eine Vertragskündigung nur zulässig ist, wenn eine Frist von zwölf Monaten zum Ende eines Kalenderjahres eingehalten wird, aufgrund unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners für unwirksam erklärt.
Gleichzeitig wurde ebenfalls eine gegenüber einem nebenberuflichen Handelsvertreter verwendeten Formularerklärung für unwirksam erklärt, wonach eine Vertragsstrafe unabhängig davon, ob der Handelsvertreter den Vertragsbruch schuldhaft oder nicht begangen hat.
Urteilsgrundlage
Ausgangspunkt ist § 92 Abs. 1 Satz 2 HGB, der sich mit den Kündigungsfristen für nebenberufliche Handelsvertreter befasst. Wurde ein solches Vertragsverhältnis auf Zeit geschlossen, ist von einer regelmäßigen Kündigungsfrist von einem Monat zum Schluss eines jeden Kalendermonats auszugehen. Werden andere Kündigungsfristen zwischen den Vertragspartnern vereinbart, so müssen diese für beide Teile gleichermaßen gelten.
Es dürfen zwar wesentlich längere Kündigungsfristen vereinbart werden, jedoch ist das Wesen eines nebenberuflichen Handelsvertreters weniger auf Dauer angelegt als bei einem Vertreter, dessen Tätigkeit der hauptsächlichen Sicherung seiner Existenzgrundlage dient. Das Vertragsverhältnis eines nebenberuflichen Vertreters soll nach dem Willen des Gesetzgebers schneller beendet werden können als das Vertragsverhältnis zwischen dem Unternehmen und einem hauptberuflichen Vertreter.
Darüber hinaus hat eine Kündigung eines nebenberuflichen Handelsvertreters nicht die gleichen Auswirkungen auf die finanzielle Lage und damit auf die Grundlage der Existenzsicherung wie bei einem Handelsvertreter im Hauptberuf. Das Entgelt ist grundsätzlich nicht die einzige finanzielle Existenzgrundlage des nebenberuflichen Vertreters. Daher ist auch die Schutzbedürftigkeit des nebenberuflichen Vertreters nach § 92 Abs. 1 Satz 2 HGB gegenüber dem hauptberuflichen Vertreter nach § 89 HGB geringer einzustufen.
Während der Gesetzgeber die rasche Beendigungsmöglichkeit der Handelsvertretung durch die Unternehmen in Blick hatte, musste der BGH hier aber entscheiden, ob durch eine sehr lange Kündigungsfrist der Handelsvertreter unangemessen benachteiligt wird. Der BGH musste also berücksichtigen, dass bei einer Kündigung durch den nebenberuflichen Handelsvertreter in einer kürzeren und absehbaren Zeit auf die Vertragsbeendigung angewiesen sein könnte.
Urteilsspruch des BGH
Der BGH stellte in diesem Zusammenhang fest, dass die verlängerte Frist für eine Kündigung, die im schlechtesten Fall bis zu 23 Monate betragen kann, den nebenberuflichen Handelsvertreter in seiner Flexibilität und seiner Mobilität unverhältnismäßig stark beeinträchtigt. Dadurch könnte dieser beispielsweise in unbilliger Weise daran gehindert werden, einen Hauptberuf zur Sicherungen seines persönlichen Lebensunterhalts bei einem anderen oder konkurrierenden Unternehmen aufzunehmen.
In seinem Urteil verkennt der BGH nicht, dass der Handelsvertreter durch die lange Kündigungsfrist auch Vorteile ziehen kann, da er vor kurzfristiger Kündigung geschützt ist. Allerdings wiegen diese Vorteile nicht die dem entgegenstehenden Nachteile auf. Der Argumentation, dass die vertraglich festgeschriebene überlangen Kündigungsfristen erst nach Ablauf eines Zeitraums von drei Jahren greifen, konnte sich der BGH nicht anschließen.
Auch das Interesse des Unternehmens die Fluktuationsrate unter den nebenberuflichen Handelsvertretern möglichst gering zu halten, rechtfertigen keine formularmäßigen Vereinbarungen von derart langen Kündigungsfristen.