Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat in seinem Urteil vom 23.02.2012 (Aktenzeichen: IX ZR 29/11) entschieden, dass die Erklärung nach § 109 InsO des Insolvenzverwalters (auch Treuhänder genannt) eines Mieters
auch gegenüber dem Erwerber eines Grundstücks fortwirkt, wenn der Mieter keine Kenntnis vom Eigentumsübergang an den Erwerber hatte.
Konkret handelt es sich um die Erklärung, der Mieter werde nach Ablauf der dreimonatigen Kündigungsfrist Ansprüche aus dem Mietverhältnis nicht mehr mit der Insolvenzmasse bedienen.
In der zweiten Instanz hatten die Richter bestritten, dass das Wahlrecht eines Insolvenzverwalters gemäß der Insolvenzordnung auf Wohnraummietverhältnisse anzuwenden ist.
Daher wurde der Mieter (bzw. dessen Treuhänder) vom Landgericht Berlin zur Zahlung ausstehender Miete aus dem Mietverhältnis verurteilt. Der Treuhänder habe dem alten Vermieter gegenüber erklärt, keine Zahlungen aus der Insolvenzmasse zu leisten.
Zum Zeitpunkt der Erklärung jedoch sei der neue Vermieter bereits als Eigentümer im Grundbuch eingetragen gewesen. Daher wirke die Erklärung nicht gegen den neuen Vermieter und dieser sei nunmehr aus der Insolvenzmasse zu befriedigen.
Dagegen führte der BGH in seiner Begründung aus, dass der Treuhänder wegen der an den alten Vermieter gegangenen Erklärung nicht mehr verpflichtet sei, die Miete aus der Insolvenzmasse zu zahlen, da auch der neue Eigentümer diese Erklärung gegen sich gelten lassen müsse. Diese Erklärung könne als Enthaftungserklärung ausgelegt werden. Da sie den Wohnraum des Schuldners betrifft, wirkt sie jedoch nicht wie eine Kündigung; das Mietverhältnis besteht fort. Denn § 109 Abs. 1 Satz 2 der Insolvenzordnung (InsO) regele hinsichtlich der Wohnung des Schuldners eine Ausnahme vom Kündigungsrecht des Treuhänders. Der § 109 InsO diene zur Enthaftung der Insolvenzmasse für Ansprüche aus Mietverträgen, soll jedoch den Schuldner auch vor Obdachlosigkeit bewahren. Der Treuhänder könne die Wohnung also nicht kündigen.
Im Übrigen wäre der § 109 InsO überflüssig, wenn Mietforderungen von vornherein als Insolvenzforderungen gelten würden.
Anmerkung des Verfassers: Hier hat das Gericht eine irreführende Formulierung verwendet. Es müsste wohl eigentlich heißen, dass der genannte Paragraph deswegen existiert, damit Mietforderungen eben nicht wie Insolvenzforderungen behandelt werden. Denn weil sie sonst von vornherein als Insolvenzforderungen gelten könnten, gibt es die Regelung. Gerät jedoch der Schuldner mit seinen Mietzahlungen in Rückstand, kann ihm trotzdem ein Kündigungsschreiben seines Vermieters drohen.